Die Fotografin als Reisende zwischen den Welten: Als
Barbara Krobath im Sommer 2000 und 2001 Tibet besuchte, befand sich in ihrem
Gepäck auch eine Plattenkamera – eine 4x5-inch-Graflex. Mit diesem
ungewöhnlichen, eher der Fotografiegeschichte angehörenden Apparat wollte
die österreichische Fotografin und Künstlerin das Land und seine Bevölkerung
im Stil alter Reiseberichte dokumentieren. „Ich dachte dabei an eine
respektvollere Form der Reisefotografie", sagt Barbara Krobath, „die den
Lebensumständen der Tibeter angemessen wäre." Jenseits des schnellen
Fingerdrucks auf den Auslöser erfordert der Umgang mit der Laufbodenkamera
Graflex, für die man Kassetten à zwei Negative verwendet mehrere
Arbeitsschritte, handwerkliches Geschick – und Zeit. Das Ablichten von
Menschen ohne deren Wissen und Einverständnis ist so kaum möglich. Ebenso
wenig lässt es sich verbergen: Schon der Aufbau von Stativ und Kamera lockt
in der Regel neugierige Zuschauer an, die die Fotografin und ihr Tun
beobachten. Kaum ein Bild entsteht ohne persönlichen Kontakt.
Die großformatigen schwarz-weiß-Fotografien, aufgenommen
in den osttibetischen Gebieten von Admo und Kham sowie in der Zentralregion
Tibet geben Einblick in das kleine, im Umbruch befindliche Land. Sie zeigen
Großstädte und Dörfer, Straßen, Innenräume - und, vor allem, Menschen. Immer
wieder hat Barbara Krobath auch ihr Publikum fotografiert. Einmal sieht man
ein kleines Kind eben noch über den unteren Bildrand blicken, staunend:
Seine daneben stehende Mutter lacht in die Kamera, unmittelbar der Eindruck
ihrer Präsenz, vorsichtig ihre Körperhaltung. Eine andere Fotografie zeigt
Mönche; sie sitzen in einiger Entfernung zur Fotografin – auf einem Platz,
im Kreis. Die zunächst Sitzenden wenden der Kamera den Rücken zu, abweisend,
schließen sie aus. Oder sind sie selbst die Ausgeschlossenen? Wer die Bilder
betrachtet, kann dies hierzulande nur im Kontext der jüngsten Geschichte
Tibets tun. Man erkennt in den Gesichtern der Abgebildeten Spuren „alten
Stolzes und neuer Unsicherheit" (Peter Krobath), den Widerstreit zwischen
autonomer Tradition und Fremdherrschaft. Und erkennt dies gerade, weil
Barbara Krobath eine Methode der Darstellung wählte, die in der Ethnografie
mit Kolonialismus assoziiert wird. Scheinbar aus der Vergangenheit kommend
zeigen ihre Bilder die Gegenwart Tibets gestochen scharf.